16.05.19: Die Produktionsschule factory/work.box von pro mente OÖ – Eine Chance für junge Menschen

Die Produktionsschule factory/work.box hilft Jugendlichen mit psychosozialen Problemen durch Persönlichkeitsentwicklung und Berufsorientierung einen guten Platz im Leben zu finden. Auch Sonja (18) hat ihre Chance in der Produktionsschule genutzt. Nach einer langen "Null-Bock-Phase", in der sie, wie sie sagt: "Viel Blödsinn gemacht hat", wird ihr klar, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen muss. So weiterzumachen wie bisher ist keine Option: Denn am offenen Arbeitsmarkt hat sie mit einem negativen Abschlusszeugnis schlechte Karten. Und auch die Aussicht auf eine eigene Wohnung liegt ohne Job in weiter Ferne …

Im Gruppenraum der PS factory/work.box
Im Gruppenraum der PS factory/work.box

Als ich Sonja im Sommer 2018 in der work.box Linz zu einem Gespräch treffe, findet sie sehr klare Worte für ihre Geschichte. Nach einem längeren Aufenthalt in einer Wohngruppe und in der Jugendpsychiatrie, kommt die mittlerweile 18-jährige über einen Jugendcoach zum Produktionsschulstandort work.box in Linz. Vorher hat sie bereits diverse Trainings und Praktika absolviert, diese aber immer wieder abgebrochen. Sie hat keinen Plan, was sie wirklich möchte. Den BetreuerInnen verweigert sie sich, hat "keinen Bock auf irgendwas" und "vor allem mit Erwachsenen ein Problem". Sie will sich nicht öffnen und reden will sie schon gar nicht. Doch in der Produktionsschule verändert sich erstmals etwas in ihr.

 

Nach einem Erstgespräch und einem einwöchigen Schnuppern weiß sie, hier will sie bleiben. Optimal ist auch, dass sie schon einige andere Jugendliche aus der Jugendpsychiatrie kennt. Schnell fügt sie sich in die Gruppe aus 15 jungen Menschen ein.

 

Man lernt seine Stärken und Schwächen kennen

"Die Tage in der work.box sind ausgefüllt. Man probiert viel Neues aus und lernt sehr viel dazu", erklärt Sonja. Zur Auswahl stehen der Kreativbereich, das Büro, die offene Werkstatt, der EDV-Bereich und die Küche. "Jede Woche kann man sich neu entscheiden, wohin man möchte. Am "Tag der Herausforderung" stehen ein Bewerbungstraining oder das Schnuppern in einem Betrieb am Programm. Das ist wirklich abwechslungsreich …".

 

Orientierungsphase, externes Training und Praktikum

In der ersten der vier Phasen in der Produktionsschule, der Orientierungsphase, wird ihr bald klar, dass ihr ursprüngliches Ziel, der Traumberuf Floristin, wenig Sinn macht. Kaum Ausbildungsplätze und schlechte Entlohnung sprechen dagegen. Zum Trainieren ihrer Fähigkeiten und um einen realistischen Einblick in verschiedene Berufe zu bekommen, absolviert sie daher externe Trainings bei verschiedenen Firmen und macht ein halbjähriges Praktikum bei denn´s Biomarkt und bellaflora.

 

Die vielen anderen Jugendlichen, die sie in der Produktionsschule kennenlernt, werden schnell zur Familie für sie. Der Austausch und der Kontakt mit den BetreuerInnen, die sie nicht hängen lassen, auch wenn es ihr wieder schlecht geht, lassen sie selbstbewusster und reifer werden.

PS factory/work.box
PS factory/work.box

Dreimal wird Sie in der Gruppe zur "Gruppenmama" gewählt. Die anderen kommen zu ihr, wenn es ihnen schlecht geht, vertrauen sich ihr an. Sie ist auf einmal die Neutrale, die, die schaut, dass nichts eskaliert.

Zunehmend selbstsicherer, überwindet sie viele Ängste. Der Besuch beim Zahnarzt? Kein Problem. Die Bewerbung bei bellflora selbst abzugeben, … auch kein Problem mehr. Die Aussicht auf eine eigene Wohnung in Linz gemeinsam mit einer Kollegin aus der Produktionsschule motiviert sie.

 

 

"Ich hab´ mir das vor einem Jahr selbst gar nicht vorstellen können, das ich mich so entwickle ..."

 

Sonja arbeitet nicht mehr gegen die BetreuerInnen und somit auch nicht mehr gegen sich selbst. "Mir ist klar geworden, dass es mein Leben ist und ich mich jeden Tag wieder dafür oder dagegen entscheiden kann", weiß sie jetzt. Sie gewinnt "richtig gute Freunde", mit denen Sie viel gemeinsam unternimmt und Zeit verbringt. Das Leben ist wieder lebenswert. Mit vielen neuen Plänen und einem Ziel vor Augen. Sonja hat in diesem Jahr viel gelernt, sich öffnen und Hilfe annehmen, ist nur ein Teil davon.

 

Lehrstelle und eigene Wohnung

Mittlerweile macht Sonja seit acht Monaten eine verlängerte Lehre als Einzelhandelskauffrau bei bellaflora. Der Chef von bellaflora in Linz hatte ihr die Chance gegeben, zweimal im Betrieb zu schnuppern. Sonja konnte ihn und die MitarbeiterInnen dabei von sich überzeugen. "Die Leute bei bellaflora sind nett. Man konnte sich durch die Schnuppertage schon an das ganze Programm gewöhnen." Gibt es bei bellaflora Probleme, steht ein Berufsausbildungsassistent mit Rat & Tat zur Seite. Auch für die Berufsschule erhält Sie, aufgrund ihrer Lernschwäche, Unterstützung, wenn es nötig ist.

 

All das wäre nicht möglich gewesen, hätte es die Produktionsschule factory/work.box, die BetreuerInnen und ihre KollegInnen dort nicht gegeben. Und nicht zu vergessen: Sonjas persönlichen Kampfgeist und Einsatz.

 

Übrigens, mittlerweile wohnt Sonja in ihrer ersten eigenen Wohnung in Linz …

Alles Gute weiterhin!

 

Das Interview führte Bettina Roitinger, Abteilung Kommunikation & Marketing.